Kommentar: Der Fußball – eine Männerdomäne

„Na junges Fräulein, welcher ist denn Ihrer?“
Ich bin Sportfan – nicht nur berufsbedingt, sondern so richtig. Football, Tanzen, Handball, Kampfsport – ich bin querbeet für Sport zu begeistern, egal ob selbst machen oder zusehen. Doch vor allem der heimische Fußball hat es mir angetan. Ein Sportplatzbesuch gehört zu einem gelungenen Wochenende einfach dazu. Der Geruch von Grillwürstchen und frischem Rasen, die Anfeuerungsrufe der Zuschauer, wütende Ausrufe der Spieler, der Zusammenhalt der Teams – herrlich! Doch immer mal wieder werde ich dort mit einer Frage konfrontiert: „Welcher ist denn ihrer?“ – Wie welcher ist meiner? Mein Fuß? Mein Ball? Mein was? Mein meist irritierter Blick wird dann mit einem „Na, Spieler“ beantwortet. Achsooo, ja klar, dass ich da nicht selbst draufgekommen bin … bitte was???
Unausgesprochen schwingt hier also die Frage mit, was eine (junge) Frau alleine am Fußballplatz macht. Die Frage ist doch wohl eher „Warum nicht?“ Seit wann ist Fußball ein reiner Männersport?
Wir wollen nicht mehr dieses typische Geschlechterdenken haben, fügen bei männlich/weiblich noch ein „divers“ hinzu; überlegen händeringend, wie wir unsere Sprache anpassen können, damit sich ja niemand diskriminiert fühlt. Wir fügen Gendersternchen an oder verwenden neutrale Ausdrücke wie „Teilnehmende“. Aber ist es nicht viel wichtiger, das in unserem Handeln und Denken zu verankern? Ich will nicht gefragt werden, warum ich mir als Frau ein Fußballspiel anschaue. Das müsste doch eigentlich klar auf der Hand liegen: Sportplatz + Zuschauer (gerne m/w/d) + Fußballspiel = Interesse am Fußball.
Doch nicht nur die Zuschauerinnen werden teilweise schief angeguckt – das fängt ja bereits bei den Spielerinnen an. An der Stelle möchte ich betonen, dass ich diese Ansichten keinesfalls jedem männlichen Fußballfreund unterstelle! Aber zurück zum Thema: Das beste Beispiel ist da wohl die erst kürzlich beendete Europameisterschaft der Frauen, bei der unsere DFB-Damen eine echte Glanzleistung hingelegt haben. Ehrlich gesagt ist mir zumindest der Beginn der EM irgendwie entgangen. Bei einer der Männer wäre mir das definitiv nicht passiert, denn: Bereits Wochen vorher werden Deutschland-Flaggen in Gärten, an Autos und Häusern befestigt, die Trikots herausgekramt, Spielpläne und Ergebnistabellen auf dem Couchtisch bereitgelegt, Zeitungsseiten mit Titelträumen befüllt und nicht zuletzt erste Public-Viewing-Verabredungen getroffen – wo waren die Ende Juni???
Darf ich daran erinnern, dass unsere Flick-Jungs zuletzt nicht wirklich geglänzt haben? Das Team von Martina Voss-Tecklenburg hat immerhin den Vizetitel geholt. Belohnt wurden sie im Finale immerhin mit einem neuen Fernsehzuschauerrekord von 18 Millionen (Quelle: AGF-Videoforschung).
Zurück an den heimischen Sportplatz: Auf meine Antwort „Ich interessiere mich lediglich für das Spiel“ folgt meist ein Stirnrunzeln. Ist es so schwer vorstellbar, dass sich Frauen tatsächlich für den Sport und nicht für die Akteure interessieren? Versteht mich nicht falsch, aber warum müssen Frauen sich mit solchen Gedanken konfrontiert sehen, wenn wir gerade in der heutigen Zeit versuchen, uns dieses Geschlechter-kategorisierende Denken auszutreiben? Immerhin zieht es mittlerweile immer mehr weibliche Zuschauer an den Sportplatz und ich behaupte mal ganz frech: Würde sich jede Frau am Seitenrand für einen der Spieler interessieren, würden die ja gar nicht mehr zum Spielen kommen … Spaß bei Seite. Was Frauen und Fußball angeht sind wir also definitiv noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen. Mit dem finanziellen Aspekt will ich an der Stelle gar nicht anfangen. (Hier ein toller Artikel dazu.) Doch wie sagt man so schön: Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Ach übrigens: Ich bin heute am Sportplatz – weil es mich interessiert!
Ein paar Facts zum Nachdenken
Von 1955 bis 1970 hat der DFB den Vereinen verboten, Frauen-Abteilungen zu gründen. 12 Jahre nachdem dieses Verbot gekickt wurde, durfte die Frauen-Nationalmannschaft erstmals spielen. Ihre Belohnung zum EM-Sieg 1989: ein Kaffeegeschirrset. Die Begründung: Sie galten damals noch als Amateurinnen und durften daher kein Geld bezahlt bekommen. Zum Vergleich: Für ihren EM-Sieg 1980 bekamen die deutschen Männer 25 000 DM pro Kopf.
Gerade mal 4,9 Prozent der Führungspositionen der Fußball-Vereine der 1. und 2. Bundesliga sind weiblich besetzt,
zeigte ARD Radio Recherche Sport Ende des vergangenen Jahres in einem Beitrag auf.
Die ehemalige Nationaltrainerin Steffi Jones hat 10 Mal weniger verdient als ihr damaliger Kollege Jogi Löw.