Der zwölfte Mann

14. August 2022

Adrenalin im Blut!

Felix Marzinzik

vom Straßenfahrer zum Rennfahrer in nur einem Jahr

Adrenalin schießt durch seine Adern, als er die nächste Kurve anpeilt, sein Körper weiß genau was zu tun ist – im richtigen Moment lehnt er sich nach rechts, die Maschine unter ihm gibt ein röhrendes Geräusch von sich und legt sich mit ihm in die Kurve. Im Augenwinkel schätzt er die Entfernung seines Gegeners ab, dann konzentriert er sich wieder voll und ganz auf die Strecke vor ihm. Noch drei Kurven, dann würde die schwarz-weiß-karierte Ziellinie vor ihm liegen – und mit ihr Platz drei in der Gesamtwertung. Ein dritter Platz, der ein phänomenales vielversprechendes erstes Motorsport-Jahr abschließt – und ein noch verheißungsvolleres ankündigt.

Der Beginn Zufall oder Schicksal?

Bereits als Achtjähriger begeisterte sich der heute 18-jährige Felix Marzinzik für schnelles Fahren – seine Leidenschaft galt dem Kartfahren. Doch nach zwei Jahren gibt es aus finanziellen Gründen kein Vorankommen mehr bei diesem teuren Hobby. „Ein bisschen habe ich auch den Spaß daran verloren, immer und immer in diesem Kart zu sitzen und meine Runden zu drehen. Mich hat einfach die Komplexität beim Motorradfahren gereizt.“ Sobald es also möglich war, machte er erst einen Roller-, dann einen Motorradführerschein – und ist seitdem nicht mehr von der Maschine zu bekommen. „Ich habe durch Zufall mitbekommen, dass man auf der Kartbahn in Dietershausen auch Motorradfahren kann. Da habe ich mich angemeldet. Das hat unglaublich viel Spaß gemacht!“ Einer der Trainer wird schließlich auf ihn aufmerksam und empfiehlt ihm, sich mal bei verschiedenen Veranstaltern zu informieren, die nicht nur Rennen, sondern auch Renntrainings anbieten. Gesagt, getan. Kurze Zeit später schon findet sein erstes Training statt – bei Speer Racing.

Was braucht es alles, um diesem Hobby nachzugehen?

An allererster Stelle natürlich ein Motorrad. Ich habe mir Anfang diesen Jahres eine Yamaha R6 mit 127 PS – Baujahr 2007, 170 Kilo schwer – gekauft. Sponsoren und Unterstützer sind ebenso wichtig, vor allem um sich und seine Ausrüstung zu verbessern. Willst du beispielsweise bei der IDM mitfahren, ist es am förderlichsten, wenn du einem Team angehörst, für das du schließlich antrittst und das dir den Rücken stärkt. Die Entwicklung, immer und immer bessere Rundenzeiten zu erzielen, stehen bei mir an erster Stelle, denn dadurch kommt automatisch der Erfolg.

In regelmäßigen Abständen besucht er Trainings – mal zur richtigen Schieflage, mal zur Koordination. „Ich habe so schnell Fortschritte gemerkt“, blickt er euphorisch zurück.

Während wir zusammen auf zwei Campingstühlen in seiner kleinen Motorrad-Werkstatt-Garage sitzen, ist ihm die Euphorie ins Gesicht geschrieben. Leidenschaftlich erklärt er mir den Vorteil von schmalen Vorder- und breiten Hinterreifen sowie kleine technische Kniffe, die es vor und während eines Rennens zu beachten gilt.

Leidenschaft – eine der Hauptzutaten für Erfolg, das weiß auch der Hünfelder. Nachdem er einmal Blut geleckt hat, meldet er sich zu deutschlandweiten Trainings an – unter anderem auf dem Hockenheimring, dem Lausitzring und in Oschersleben – und kommt immer wieder mit langjährigen Mitgliedern dieser Szene in Kontakt. Dass er aber mit bereits 17 Jahren in kürzester Zeit so eine Entwicklung hingelegt hat, begeisterte vor allem die Trainer – die ihn daraufhin weiterempfahlen. „Manchmal kann ich selbst gar nicht glauben, wie sich das innerhalb eines Jahres so entwickelt hat. Für mich ist das einfach Schicksal – als wäre ich immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen, um auch die richtigen Menschen kennenzulernen, die wertvolle Tipps geben und Kontakte weitervermitteln“, blickt er zurück. Auch kleinere Rennen gehören immer wieder dazu.

Der Traum von Spanien

Das Highlight seines Jahres: ein mehrtägiges Training in Cartagena, Spanien. „Spanien gehört neben Italien zu den Motorradspitzen. Die Trainingsbedingungen sind unglaublich. Von allen dort kann man so viel lernen“, erzählt der 18-Jährige. Und so hat er die Zeit in Spanien nur so aufgesogen. „Die Anreise dorthin war zwar echt holprig – erst sprang das Auto nicht an, dann funktionierten einzelne Teile am Motorrad nicht –, dafür war das Training vor Ort umso ergiebiger.“

Aktuell befindet er sich in einem Förderprogramm des ADAC – im nächsten Jahr könnte der Schritt ins Talentprogramm folgen. Eine Unterstützung, die in diesem teuren Hobby sehr hilfreich ist. „An sich musst du dich einkaufen und dafür bezahlen, an Rennen teilzunehmen“, erklärt Marzinzik.

Automatisch stellt sich bei ihm auch der Erfolg ein. Durch die Kontakte, die er im Herbst 2021 sammeln konnte, wurde er für den „Regio-Cup“ empfohlen – fünf Rennen, ausgerichtet vom gleichnamigen Veranstalter mit insgesamt 18 Teilnehmern. Nebenbei hat er immer wieder an kleineren Rennen deutschlandweit teilgenommen, um mehr und mehr Erfahrung zu sammeln. „Viele der Teilnehmer haben mir nämlich das voraus – die Erfahrung.“

Was bedeutet Motorradfahren für dich?

Einfach alles. Ich würde alles geben, nur um fahren zu dürfen. Jede Bewegung deines Körpers spielt eine Rolle, dein Kopf muss dafür fit sein. Du musst abschätzen, wie du die nächste Kurve nimmst, wie du vielleicht doch noch an deinem Gegner vorbeiziehen kannst.

Einen Menschen gibt es, der ihn auf dieser Reise bisher bedingungslos unterstützt und begleitet hat – seine Mutter Sonja. „Sie bangt jedes Mal an der Boxmauer, dass ja nichts passiert. Aber ebenso ärgert sie sich mit mir, wenn es mal nicht so glatt lief“, erzählt er schmunzelnd – aber stolz.

Wo siehst du dich in einem Jahr?

Ich möchte meine Entwicklung weiter vorantreiben, immer besser werden, viel trainieren und natürlich immer mehr Rennerfahrung sammeln. Die IDM bereits im nächsten Jahr zu fahren, wäre ein absoluter Traum, dafür gibt es schon Angebote, aber ich habe mich noch nicht endgültig entschieden.

Die aktuelle Meisterschaft von Speer Racing hat er am heutigen Sonntag mit dem dritten von 19 Plätzen in der Gesamtwertung abgeschlossen. Und dennoch ist er nicht mit allen Rennen zu 100 Prozent zufrieden. „Da wäre an der ein oder anderen Stelle definitiv mehr drin und der zweite Platz in der Gesamtwertung möglich gewesen. Aber ich darf nicht vergessen, dass dies mein allererstes Rennjahr war. Es liegt also noch so viel vor mir – da ist noch so viel Luft nach oben.“

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[…] hat seine Leidenschaft im Motorsport gefunden. Lest hier mal […]

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