Der zwölfte Mann

4. September 2022

Fit mit Schwung – ein Selbstversuch!

imago images / Westend61

Sebastian Müller

erklärt, warum Seilspringen so gut für den Körper ist

Knallig bunt, gestreift, kariert, mit kleinen Mustern – wer hatte es in der Kindheit nicht in mehrfacher Ausführung zuhause rumliegen und regelmäßig in Gebrauch? Ein Springseil! Doch was in der Kindheit schon großen Spaß – vor allem mit anderen Kindern zusammen – bereitet hatte, ist tatsächlich eine effektive Möglichkeit, etliche Bereiche des Körpers zu aktivieren – und ist dabei verdammt anstrengend. 45 Minuten dauert der „Ki Jump“-Kurs im Hünfelder Fitnessstudio KiSports, geleitet von Kursinstructor Sebastian Müller, der genau eines beinhaltet: Seilspringen, Seilspringen, Seilspringen.
Schon bei der Vorstellung läuft mir der Schweiß, erinnere ich mich doch an so manchen Nachmittag, den ich gemeinsam mit Freunden auf der Straße das Seil geschwungen habe.

Dann wird es schließlich ernst. Nachdem sich jeder der Kursteilnehmer ein Springseil geschnappt hat, weist Kursleiter Sebastian daraufhin: „Haltet genug Abstand zu eurem Vordermann und dem Nachbarn, nicht dass hier gleich noch jemand ein Seil im Gesicht hat.“ – Gelächter. Als die Musik beginnt, fangen wir alle an, uns springend dem Rythmus anzupassen. Zunächst mit einfach Sprüngen, dann folgen verschiedene Variationen: einbeiniges Springen, 360-Grad-Drehung, gekreuzte Füße, seitlich und noch einige mehr.

Schon gewusst?

Viele erfolgreiche Profisportler, vor allem Boxer, greifen in ihrem Training regelmäßig auf dieses schlichte Kinderspielzeug zurück. Die Klitschko-Brüder beispielsweise sprangen in der Wettkampfphase bis zu 60 Minuten pro Trainingseinheit.

Die Geschichte des Seilspringens
Rope Skipping, wie Seilspringen im Fachjargon genannt wird, stammt ursprünglich aus den USA. Dort haben Menschen in den 70er Jahren angefangen, zum Zeitvertreib Seilzuspringen. Denn ein Vorteil vom Rope Skipping ist: es braucht nicht mehr als eben das Seil. Aus dieser Freizeitbeschäftigung entstand schließlich ein Trend, der sich immer weiter entwickelte, bis schließlich der Weltverband – World Rope Skipping Federation (WRSF) – gegründet wurde. Nach Deutschland kam der Sport schließlich durch Schüleraustausche in Amerika. Der Sportlehrer Wolfgang Westrich etablierte Seilspringen auf dem Pausenhof und später auch im Unterricht. Dadurch verbreitete sich die Sportart immer mehr, bis sie schließlich durch Show-Auftritte noch mehr an Bekanntheit erlang. Maßgeblich daran beteiligt war auch die Gruppe „Rusty Jumpers“. Der Deutsche Turnverband erkannte schließlich das Potential dieses Ganzkörpertrainings und nahm Rope Skipping in sein Ausbildungskonzept auf. Seitdem hat sich die Sportart mehr und mehr etabliert. „Es ist mittlerweile viel mehr als ein Boom, es hat sich richtig etabliert. Vor allem durch die Sozialen Netzwerke hat es nochmal eine ganz andere Reichweite erlangen können, die ein Interesse hervorgerufen hat – vor allem in der Corona-Zeit“, erklärt Kursinstructor Sebastian.

23 Minuten später bin ich fix und fertig und fühle mich, als wäre ich gerade einen Marathon gelaufen – na einen halben zumindest. Umso erleichterter bin ich, als Sebastian verkündet „Seile zur Seite, jetzt geht es noch ans Dehnen“.
„Diese knappe halbe Stunde wirst du morgen merken“, verspricht mir der Kursleiter zwinkernd. Kaum zu glauben, dass „ein bisschen Hin- und Hergehüpfe“ so anstrengend sein kann. „Seilspringen ist ein simples Ganzkörpertraining“, erklärt mir Sebastian. „Es verbessert nicht nur deine Ausdauer, sondern sorgt für eine bessere Koordination, fördert deine Kraftausdauer, Sprungkraft und die propriozitive Fußmuskulatur. Es hat für dich also nur Vorteile.“

Fun Fact

Laut mehrere Studien entsprechen 10 Minuten Seilspringen 30 Minuten Joggen und beansprucht sogar noch mehr Muskeln. 23 Minuten Seilspringen entsprechen somit etwa 69 Minuten Joggen.

Und nicht nur die Effektivität spricht für den ursprünglich amerikansichen Sport: Um ihn zu betreiben ist kein teures Equipment nötig – lediglich das Seil wird benötigt. Zudem kann es immer und überall umgesetzt werden, egal ob alleine oder mit einem Partner. Zudem kurbelt es das Herz-Kreislauf-System an. So manch einer mag dem Rope Skipping nun vorwerfen, eintönig zu sein. Immerhin springe man ja nur auf der Stelle. „Dann dreh dich eben im Kreis“, kontert Sebastian grinsend. „Du kannst es eintönig werden lassen, überlegst du dir aber immer wieder neue Variationen, wird es das auf keinen Fall.“

Schon gewusst?

Es gibt drei verschiedene Seilformen. Das Speed Rope ist ein dünnes Kunststoffseil, wodurch ein schnelles Springen ohne einen hohen Kraftaufwand möglich ist. Vor allem für Anfänger ist dieses Seil zu empfehlen.
Das Beaded Rope – auch Gliederseil genannt – besteht aus vielen Kunststoffhülsen, die auf einer Schnur aufgefädelt sind. Es ist dadurch schwerer, langsamer, aber auch länger. Diese Eigenschaften ermöglichen das Springen mit einem Partner und das Ausführen von Tricks.
Circa 5,40 Meter lang ist das Longe Rope (Langseil), so dass gleich mehrere Menschen gleichzeitig springen können. Das Schwungseil ist zusätzlich noch in einen Seilmantel eingefasst.

Tennis, Handball, Tischtennis – Sebastian Müller ist für (fast) jegliche Teamsportart zu begeistern. Kein Wunder, dass er sich auch beruflich sportlich betätigt. Seit viereinhalb Jahren gibt der 39-jährige Hünfelder Fitness- und Präventionskurse – unter anderem im Hünfelder KiSports. Seit diesem Jahr gehört er außerdem zum Trainerstab der Goalball-Nationalmannschaft. Hauptberuflich arbeitet er als Lehrer an der Grundschule Am Langenberg in Müs.

Foto: Tamira Abel

2 Comments on “Fit mit Schwung – ein Selbstversuch!

[…] ein Seilspring-Kurs – KiJump – wird im KiSport angeboten. Lest hier mal […]

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[…] – ich habe es mir natürlich nicht nehmen lassen und das ebenfalls mal auf die Probe gestellt. Hier das […]

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