Zwischen Sport und Vorurteilen

Hejir Sahra
erklärt, warum Poledance so viel mehr ist als das Klischee Rotlicht
Eine Stange, Durchhaltevermögen und Spaß – mehr braucht es nicht, um in die Welt des Poledance einzutauchen. Seit zweieinhalb Jahren ist die Kasslerin Sahra von diesem Sport fasziniert. „Ich kann es mir gar nicht mehr ohne vorstellen. Ich habe mich in so vielerlei Hinsicht weiterentwickelt. Das wünsche ich jedem.“
Sahras Weg zu Poledance
„Ich war immer super unsportlich, doch Poledance hat mich im Fernsehen schon immer fasziniert“, erzählt die 36-Jährige. „Es hat mich viel Überwindung gekostet, doch dann habe ich eine Freundin gefragt, im Internet recherchiert und ein Studio bei mir um die Ecke gefunden“, erinnert sie sich zurück. Von der ersten Minute an ist sie fasziniert. Sie bleibt dran, arbeitet kurzzeitig sogar als Trainerin in dem Kassler Studio. Seit zwei Jahren hat sie jedoch eine eigene Pole (so werden die Stangen genannt) im Wohnzimmer stehen. „Für das Training muss ich die Couch immer ein Stück verschieben, um genügend Platz zu haben, aber das nehme ich gerne in Kauf“, schmunzelt sie. Mindestens viermal die Woche nimmt sie an Live-Onlinestunden teil. „Der Vorteil hierbei ist, dass du immer direkt Feedback und Verbesserungsvorschläge bekommst.“ Zudem sind die Stunden vielfältig aufgebaut: Rückenflexibilität, Tanzstunden, ein Spagatkurs, Tricks und Kombination sowie Yoga und Stretching. „Die Kombination ist super. Es wird nie langweilig.“

Ursprung des Poledance
Bereits im zwölften Jahrhundert praktizierten Männer in Indien eine Art Yoga an einer hölzernen Stange. Auch in der traditionellen chinesischen Akrobatik übten sich Artisten an der Stange. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts brachten chinesische Einwanderer dann die Stangenakrobatik nach Amerika. Diese entwickelte sich weiter und bereits wenig später waren es vor allem Frauen, die vor Männerpublikum eine gewisse Laszivität in die Tanzaufführungen brachten. Die Shows etablierten sich schnell in Strip-Clubs und siedelten ab den 1980er-Jahren bis nach Europa an. Daher rührt das anrüchige Image des Poledance. In den 1990er-Jahren griffen Fitnesstrainer den sportlichen Aspekt des Poledance auf und boten zur Steigerung der Kondition Poledance-Kurse „für alle“ an.
Vorteile des Poledance
– Stärkung insbesondere von Core-, Schulter-, Arm-Muskulatur
– Training von Kraftausdauer und Körperspannung
– Schulung von Beweglichkeit, Koordination und Flexibilität
– Verbesserung des Körpergefühls und Selbstbewusstsein
Die Poledance-Community
Vor allem in den Sozialen Netzwerken hat sich mittlerweile eine richtige Community gefunden. „Der Austausch ist toll, es sind so viele verschiedene Frauen dabi“, schwärmt die 36-Jährige und ergänzt: „Das zeigt, dass dieser Sport für jeden was ist. Egal wie alt oder mit welcher Körperform. Manche haben sogar erst mit 60 Jahren diesen Sport begonnen. Das ist bewundernswert.“
Poledance wird heutzutage immer noch mit dem Rotlichtmilieu in Verbindung gebracht. Denkst du, das wird sich mal ändern?
Ich würde sagen, wir sind auf einem guten Weg. Beispielsweise ist es immer mehr in Fernsehshows vertreten – siehe SuperTalent. Seit einigen Jahren finden sogar Meisterschaften statt. Zudem wird darum gekämpft, das Poledance olympisch wird. Mir hat dieser Sport unglaublich viel gegeben. Ich bin nicht nur körperlich deutlich fitter. Auch mental bin ich unglaublich gewachsen, bin glücklicher und übertrage das auf meinen Alltag.
Die meisten Tänzerinnen tragen beim Sport kurze Kleidung – doch das hat vorrangig keinen optischen Grund. „Der Hautkontakt ist wichtig, um einen guten Halt an der Stange zu haben; vor allem wenn man sich nur mit den Beinen hält“, erklärt Sahra. Es gibt aber auch spezielle Kleidung, die für einen besseren Halt sorgt, doch „das ist nicht vergleichbar.“
Sahra hat durch ihren Vater tunesische Wurzeln und erzählt: „Ich teile mittlerweile sehr viel von diesem Sport auf den sozialen Netzwerken. Anfangs war ich unsicher, wie das bei meiner Familie ankommen würde, doch es finden alle toll, sie sind stolz auf mich.“ Nur eine einzige negative Begegnung habe sie gemacht, im Nachgang habe besagte Person aber zurückgerudert.

Immer und überall
Ihr Sport verfolgt sie überall hin. „Auch im Urlaub trainiere ich gerne, wenn sich die Möglichkeit dazu ergibt. So wird ein Fahnenmast schnell mal zur Poledance-Stange umfunktioniert. „Dieser Sport gibt mir so viel. Ich liebe es an mir zu arbeiten und immer wieder neue Figuren zu lernen“, sagt Sahra.

Tipps für die ersten Schritte
– „Einfach einen Ruck geben“, empfiehlt Sahra.
– vorab sollte ein Aufwärmen stattfinden
– es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen; also: Geduld!
– dranbleiben
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