Bringt Schnaps die Verdauung wirklich in Schwung?

Ernährungscoach Christina Wintermeyer
klärt über Ernährungsmythen auf
„Trinke einen Schnaps nach dem Essen, das ist gut für die Verdauung.“ – „Iss nicht so viele Eier, dein Cholesterinspiegel.“ – „Bloß nicht zu viel Obst essen!“ – Wer kennt sie nicht, die lieben Ernährungsmythen. Einige davon halten sich bereits seit Jahrhunderten, doch hinterfragt werden sie nie so richtig – getreu dem Motto „Das war schon immer so.“ Doch was ist wirklich dran? Die Fuldaer Ernährungscoachin Christina Wintermeyer klärt auf.
„Man darf nicht jeden Tag Eier essen.“
Cholesterin ist ein wichtiger Bestandteil der Körperzellen. Der Körper benötigt es zur Bildung von Hormonen, Gallensäure, Vitamin D, Nervengewebe und Zellmembranen sowie für den Fetttransport. Eier – vor allem der Dotter – enthalten sehr viel Cholesterin. Daher wurde der Verzehr von Eiern auch lange als kritisch angesehen.
Trotzdem sind Eier eine hervorragende Proteinquelle und liefern zudem sehr viele wichtige Nährstoffe – insbesondere die Freilandeier. Aktuelle Studien zeigen nun, dass es keine Obergrenze für den Verzehr von Eiern abgeleitet werden kann.
Tipp
Wer auf seinen Cholesterinspiegel achten möchte, sollte eine Kost mit hohem Anteil an einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren wählen, da diese eine cholesterinsenkende Wirkung haben.
„Dunkles Brot ist gesünder als helleres.„
Ob ein Brot „gesund“ oder besser gesagt nährstoffreich ist, hängt nicht von der Farbe, sondern dem Vollkornanteil ab. Pauschal wird gesagt, dass nur Brot, das mindestens zu 90 Prozent aus Vollkorn besteht, auch als Vollkornbrot bezeichnet werden darf. Die Lebensmittelindustrie benutzt dieses Farbenspiel meist aus Marketingzwecken, eben weil die Menschen denken, dunkles Brot ist automatisch gesünder – dabei ist es meist einfach eingefärbt. Das gleiche bei Körnerbrötchen. Nur weil da Körner drauf oder drin sind, ist es nicht direkt ein Vollkornbrötchen. Hier lohnt sich der Blick auf die Inhaltsstoffe oder die direkte Nachfrage bei einem Bäcker.

„Keine Kohlenhydrate nach 18 Uhr, wenn man abnehmen möchte.“
Das ist gelinde gesagt Bullshit. Dein Körper weiß überhaupt nicht wie viel Uhr es ist. Kohlenhydrate, die du um 17.59 Uhr isst, wird dein Körper genauso aufnehmen bzw. verstoffwechseln wie Kohlenhydrate, die du um 18.01 Uhr. Bevor man auf die Uhrzeit schaut und sich ab da und da was verbietet, sollte man eher die Basics anpacken. Was letztendlich zählt ist die Kalorienbilanz.
„Ein Schnaps nach dem Essen ist gut für die Verdauung.“
Das ist nicht richtig. Alkohol ist und bleibt ein Gift für den Körper, das dieser abbauen muss. Das bremst die Verdauung sogar. Hinzu kommt, dass Alkohol etliche – unnötige – Kalorien hat. Und wer kennt es nicht … Alkoholkonsum hat immer einen Dominoeffekt. Alkohol, ungesunde Fette meist in Form von Fastfood, schlechter Schlaf, wenig Sport.
Stattdessen …
Um die Verdauung zu unterstützen, sollte eher zu Fenchel, Anis oder Kümmel, zum Beispiel als Teemischung, gegriffen werden.
„Wer Muskeln aufbauen möchte, muss Proteinshakes trinken.“
Um Muskeln aufzubauen ist tatsächlich eine erhöhte Proteinzufuhr notwendig. Dabei können Proteinshakes eine Hilfe sein, es ist aber auch möglich, den Proteinbedarf komplett über die Nahrung zu decken. Zudem spielen weitere Faktoren wie unter anderem ein Kalorienüberschuss, regelmäßiges progressives Training und Regeneration eine wichtige Rolle.
„Gefrorene Früchte und Gemüse sind nicht so gut wie frisches.“
Frisches Obst und Gemüse hat seine Vor-und Nachteile – ebenso wie Tiefkühlware: Frische Ware verliert durch Lagerung und Transport wertvolle Nährstoffe oder es können sich bei unsachgemäßer Lagerung Fäulnisstoffe oder Schimmel bilden. Dafür kann es roh gegessen werden, hat oft mehr Geschmack und es gibt eine größere Auswahl an verschiedenen Obst-und Gemüsesorten. Bei Tiefkühlobst und -gemüse, das sofort nach der Ernte schonend schnellgefroren wird, werden Vitamine länger konserviert. Wichtig ist jedoch, dass die Kühlkette nicht unterbrochen wird. Bilden lose Sorten in der Packung größere Klumpen, kann dies ein Hinweis darauf sein, dass das Obst oder Gemüse schon einmal aufgetaut war. Außerdem sollte man besser zu ungewürztem Tiefkühlgemüse greifen, da bei den gewürzten Zubereitungen versteckte Zucker und Fette enthalten sein können. Ein Blick auf die Zutatenliste gibt hier allerdings Klarheit.
„Nahrungsergänzungsmittel sind im Sport unumgänglich.“
Bevor zu Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) gegriffen wird, sollten die Basics passen, sprich eine ausgewogene und vollwertige Ernährung mit ausreichend Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten. So kann der Körper alle wichtigen Nährstoffe über die Nahrung aufnehmen. Sportler haben jedoch zum Beispiel aufgrund des Mineralverlusts über den Schweiß oftmals einen erhöhten Bedarf an bestimmten Nährstoffen, welcher dann über NEM gedeckt werden kann.
Tipp
Bevor man zu Ergänzungsmitteln greift, empfiehlt es sich, beim Arzt zunächst ein Blutbild machen zu lassen, um zu sehen, ob – und wenn ja wo – ein Defizit besteht. Im Anschluss kann man sich damit auseinandersetzen, welche Mittel sinnvoll sind.
„Ein Cheatday die Woche ist gut und sinnvoll.“
Der Cheatday war immer ein großer Hype, doch mit einem Cheatday innerhalb einer Diät kannst du dir tatsächlich dein komplettes Wochendefizit zunichte machen. Stattdessen bietet es sich eher an, mal ein Cheatmeal einzubauen und sich grundsätzlich nichts zu verbieten. Also gerne mal ein Stück Schokolade, Gummibärchen oder auch mal eine Pizza in den Tagesplan integrieren, dann ist die Lust danach gestillt und das Defizit bleibt dennoch bestehen. Ich sage immer „Alles in Maßen ist gut, alles in Massen ist scheiße.“ So verhält sich das auch hier. Letztendlich sind Geduld und Kontinuität das Wichtigste, um gesund abzunehmen.
„Lieber Honig nehmen, anstelle von Zucker.“
Das ist leider ebenfalls ein Irrglaube. Honig besteht zu 20 Prozent aus Wasser, der Rest ist Zucker. So kann man nicht pauschal sagen, dass Honig gesünder ist als Zucker – der ja an sich nicht per se schlecht ist. Das gleiche gilt für weitere Süßungsalternativen wie Agavendicksaft oder Kokosblütenzucker. Auch diese haben reichlich Kalorien und werden von unserem Körper genauso verstoffwechselt wie herkömmlicher weißer Zucker. Auch das Argument, diese Alternativen enthalten zusätzliche Nährstoffe tritt in den Hintergrund. Denn es müssten unverhältnismäßig große Mengen gegessen werden, um nur ansatzweise an die Nährstoffmengezu kommen, die schon eine kleine Portion Obst oder Gemüse liefern würde. In Summe gilt wie so oft: Die Dosis macht das Gift und man sollte einfach den Geschmack entscheiden lassen.

„Wer abnehmen will, muss Salat essen.“
Das Gemeine am Salat ist tatsächlich die Salatsoße, in die er meist getränkt ist. Sie macht diese gesunde Speise zu einer wahren Kalorienbombe. Grundsätzlich ist es wichtig, viel Gemüse zu essen, um wichtige Nährstoffe aufzunehmen. Und wer sich einen Salat bestellt kann beispielsweise auf Essig-Öl-Dressing zurückgreifen oder sich das Dressing separat bestellen. In beiden Fällen kann man sich das Dressing dann nämlich selbst dosieren.
Tipps
1. Die Salatsoße aus Ölivenöl (gesunde Fette), Balsamico-Essing und Gewürzen selbst zusammenmixen.
2. Im Restaurant das Dressing separat bestellen, um die Menge schließlich selbst zu bestimmen.
Fußball, Skifahren, Laufen oder Krafttraining – Christina „Chris“ Wintermeyer ist sportlich vielfältig interessiert und kaum aufzuhalten. Als 2012 eine Fruktoseintoleranz bei ihr festgestellt wurde, fing sie an, sich mit dem Thema Ernährung auseinanderzusetzen. Sie nahm selbst eine Ernährungsberatung in Anspruch und setzte sich intensiver mit Lebensmitteln und deren Inhaltsstoffe auseinander. Es folgte schließlich eine staatlich geprüfte und zertifizierte Ausbildung zur Ernährungsberaterin C-Lizenz, dann die Prüfung zur Ernährungsberaterin für Sportler A-Lizenz. Derzeit befindet sie sich in der Ausbildung zur Ernährungsberaterin für Schwangere. Gemeinsam mit ihrer Frau Alina und ihrem Hund Herrn Meyer wohnt sie in der Nähe von Fulda.

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